FW 190

 

 

Wieder über Deutschland – FW 190 von FlugWerk
 

Sie fliegt wieder, und von Tag zu Tag besser! 66 Jahre nach dem Erstflug des Vorbildes Focke- Wulf Fw 190 und neunt Jahre nach Beginn des ehrgeizigen Projekts eines originalgetreuen Nachbaus hat sich vor einem Jahr die erste „neue“ 190 in Manching mit Horst Philipp am Steuerknüppel in die Luft erhoben. Die Erprobung läuft inzwischen auf Hochtouren – wir waren vor Ort.
 

Dem Kenner fällt auf, dass die neue „190“ sich anders schreibt, als das Original: „FW“ steht hier nicht für Focke-Wulf, sondern für FlugWerk GmbH, die Herstellerfirma im niederbayerischen Gammelsdorf bei Landshut.
 
Claus Colling, 52, ist nach dem frühen Tod seines Geschäftspartners und guten Freundes Hans-Günther Wildmoser die treibende Kraft des Projektes FlugWerk: Einer GmbH mit sechs Mitarbeitern, die sich, wie auf einem roten Kleinlaster durchaus korrekt beworben, mit „Hist. Kampfflugzeugen aller Art“ beschäftigt. Einschlägige Erfahrungen mit der Materie hat er mit Deutschlands erstem zivil registrierten Ex-Militärstrahltrainer vom Typ Fouga Magister gesammelt. Colling hat das Flugzeug vor 14 Jahren wieder flugfähig aufgebaut, nachdem es viele Jahre als Schnittmodell in einer Bundeswehr-Lehrsammlung der Ausbildung nur mehr am Boden gedient hatte. Wenig später profitierte dann die Messerschmitt-Sammlung von Collings Kenntnissen, als er aus Spanien den seltenen HA-200 Trainer nach Deutschland brachte und ebenfalls in flugfähigen Zustand versetzte.
 
Dabei hat Colling durchaus „nebenbei“ einen anspruchsvollen Beruf: Seit 1978 fliegt er große Maschinen, zunächst die Boeing 727 bei Hapag-Lloyd, ab 1980 dann Lockheed Tristar bei LTU. 1986 war er der weltweit jüngste Kapitän auf der Boeing 757. Seit 18 Jahren ist Colling als Ausbilder bei LTU tätig, vor drei Jahren stieg er auf Airbus-Muster um.
 

Immenser Planungsaufwand

Doch zurück zu FlugWerk: Zunächst und in erster Linie ging und geht es seit 1996 um die Wiedergeburt einer fliegenden Legende, des nach der Bf 109 ab 1941 eingesetzten zweiten Standardjägers der deutschen Luftwaffe. Die Focke-Wulf Fw 190, in fast 20.000 Exemplaren gebaut, existiert heute nur noch in wenigen Exemplaren; keine einzige originale Maschine ist derzeit flugfähig, obwohl sich etliche Enthusiasten, auch mit der Hilfe von FlugWerk, mit diesem Thema befassen. Interesse an „neuen“ 190ern war also durchaus vorhanden, so dass das rein wirtschaftliche Risiko zunächst als überschaubar eingeschätzt wurde. Viel aufwändiger als erwartet stellte sich dann die Logistik der Bauvorbereitung dar. Originalpläne, teilweise Originalteile zur Vermessung mussten beschafft werden, und unglaubliche 38.000 Ingenieurstunden flossen in die technische Dokumentation.
 
Gebaut wurden die nun insgesamt 16 Zellen beim ehemaligen Hersteller der russischen Jak-52 Schulflugzeuge Aerostar im rumänischen Bacau, wobei anfangs nicht immer alles völlig reibungsos lief. Ab Mitte 2000 hatten Colling und Wildmoser dann etwas vorschnell immer wieder vom bald bevorstehenden Erstflug gesprochen und sich damit selbst unter Druck gesetzt. „Dienstag“ wurde dann bald Collings lakonische Antwort auf die obligatorischen Fragen der Presse zu diesem heiklen Thema. Er sollte sich irren. Dabei war man seinerzeit tatsächlich schon zu etwa 95 Prozent mit dem Vorhaben fertig. Die letzten fünf Prozent des Weges jedoch waren die besonders steinigen.
 
Hierzu ein Beispiel: Die Originalteile der für den Kriegseinsatz gebauten Fw 190 waren in der Regel aufgrund der erfahrungsgemäß geringen Lebensdauer unterdimensioniert. So waren die Hauptfahrwerksbeine nur für ca. zwölf Flugstunden ausgelegt, ein besonders heikles Bauteil, die Trimmspindel der Höhenflosse hätte nur etwa 50 Stunden ihren Dienst einwandfrei versehen. Ein Ersatz aus heutiger industrieller Fertigung war nicht zu bekommen, sodass man sich notgedrungen zu einer Nachkonstruktion entschloss. Original sind hingegen die Sporn-Fahrwerke aus alten Lagerbeständen.
 
Während unseres Besuches wurde das linke Rad gewechselt, dass aufgrund des enormen Drehmoments des 1900 PS Triebwerks üblicherweise besonders stark beansprucht wird. Bei den Reifen handelt es sich übrigens um originale Bugfahrwerksreifen der Boeing 737-400, für den Einsatz an der Focke-Wulf eigens „rundgehobelt“. Vorgenommen hat den Radwechsel der Russlanddeutsche Anatolij, dessen Erfahrungen für FlugWerk besonders nutzbringend waren und sind: Anatolij war auf russischen Plätzen Mechaniker nicht nur an den Kurzstrecken-Jets Jak-40 und -42, sondern hat auch an den großvolumigen Sternmotoren der Antonow An-2 und der Iljuschin Il-14 geschraubt.
 
Die Triebwerke ASh-82 der Il-14 basierten auf in Lizenz weiterentwickelten Curtiss-Wright R-2600 („Cyclone 14“) und treiben nun auch die Flugwerk 190 an – ein seltener Glücksfall von vorweggenommener Globalisierung in den 30er Jahren. Später wurden ASh-82 auch in China gefertigt, von wo Colling eine Charge von erst 1980 gefertigten fabrikneuen Motoren einführte. Das originale BMW 801-Triebwerk der Focke-Wulf  Fw 190 hatte zwar etwa 200 PS weniger Leistung, dafür aber ganz ähnliche Einbaumaße, sodass weitgehende Kompatibilität gegeben war.
 
Seit dem elften verkauften Flugzeug ist übrigens nach weit über drei Millionen Euro Investitionen ein ausgeglichenes Betriebsergebnis zu verzeichnen. Drei Flugzeuge werden als sogenannte „Langnasen“ mit Reihenmotoren vom Typ Allison V-1710 fliegen, davon eine voraussichtlich in Belgien, eine bleibt bei FlugWerk. Die übrigen Maschinen der Version A8/N sind in die USA und nach Brasilien verkauft worden, zwei verbleiben in Deutschland. Der (nicht flugfähige) Prototyp der FW-190 A8/N steht im Museum Hannover-Laatzen.
 

Und es geht weiter

Der 22. Juli 2004 war dann ein Donnerstag, an dem der wortkarge, aber umso erfahrenere ehemalige Dasa-Testpilot Horst Philipp (über 90 verschiedene Flugzeugmuster) die Werknummer 990001 D-FWWC (FlugWerk, Wildmoser, Colling) in den Himmel über Manching führte – und, noch weitaus wichtiger, heil wieder auf die Bahn setzte. Seit Oktober dieses Jahres werden nun alle Flüge mit eingezogenem Fahrwerk durchgeführt. Kleinere technische Änderungen, die gegenwärtig durchgeführt werden (z.B. muss die Kühlluft-Menge besser reguliert werden, das Triebwerk läuft derzeit noch zu „cool“) sind auf dem Weg zu größtmöglicher Betriebssicherheit für ein Projekt dieser Größenordnung normal. Colling lässt sich bei diesen Arbeiten auch nicht unter Druck setzen – sein persönlicher Zeitplan und vor allem „safety first“ geben das Tempo vor.
 
Aber nach dem Projekt „190“, das nun trotz aller Widrigkeiten absehbar und planmäßig auf ein glückliches Ende zu geht, ist für Menschen wie Claus Colling immer gleich wieder vor dem neuen Projekt, denn natürlich gibt es viel mehr „Hist. Kampfflugzeuge“, als nur die Fw 190. Colling denkt an ein regelrechtes „fliegendes Museum“ in Manching, das u.a. solche Muster wie die North American T-6 und T-28 (werden gegenwärtig „besser als neu“ restauriert), die Fouga Magister, natürlich die 190, aber wohl auch Messerschmitt Bf 109 vereinigt. Zellenstrukturen für P-51 Mustang sind seit 18 Monaten ein weiteres Geschäftsfeld:
 
Tragflächen, Leitwerke und Rümpfe für laufende Projekte werden bereits angeboten – bis zum kompletten Bausatz ist es da nicht weit. Und was deutsche Typen betrifft, so erwartet man neben der bereits im Aufbau befindlichen originalen Bf 109 G-2 des deutschen Asses Heinrich Ehrler, die zum Verkauf steht, zwei weitere Bf 109 der Baureihen „E“ und „F“. Letztere soll, wie man hört, später einmal als Vorlage für eine neue Serie von 109ern dienen, mit neu zu fertigenden DB 601 Motoren...
 
Robert Kluge

 

FW 190 A-8/N
 

Spannweite:    10,50 m
Länge:   8,95 m
Höhe:   3,95 m
Leermasse:   2870 kg
Max. Flugmasse:   3450 kg
Höchstgeschw.   635 km/h
Reisegeschw.   585 km/h
Antrieb:   chines. Lizenz des ASh 82T,
14-Zyl.-Doppelsternmotor
Leistung:   1397 kW/ 1900 PS


DTM Berlin

 

FlugWerk

 

FlugWerk FW 190

 

Sammlung Koch

 

Stauning DK